In diesem Blogbeitrag geht es um die Freuden des Aquarellieren en plein air, oder des Draußenmalens, und um die Herausforderungen. Wovon ich an einem Tag, wo ich draußen unterwegs bin, mehr haben werde, ist im Vorfeld meistens schwer zu sagen. Wen Du gern in der Natur unterwegs bist und auch gern aquarellierst, dann ist das Draußenmalen aber auf jeden Fall immer eine gute Idee!
Dieses Motiv bespreche ich im letzten Kurskapitel ‚Einführung in das Pleinair-Aquarell‘ in meinem Landschaftsaquarellkurs. Es befindet sich in Eyendorf, einem sehr hübschen Dorf unweit von Lüneburg, welches ich letzten Sommer erst kennengelernt habe. Eine Umleitung führte mich damals häufig an dieser Windmühle vorbei. Der Ort, wo sie steht, bietet zudem noch einen überraschenden Weitblick. Auf der Landstraße Richtung Heide durchquert man den Ort mit seiner engen Bebauung und den hohen Eichen, und gleich nach dem Ortsausgang gibt es nur noch Felder und Weite. Ein wundervolles Freiheitsgefühl stellt sich bei mir dort immer sofort ein!
Als ich an einem Augustnachmittag mit meiner Pleinair-Ausrüstung dort anrückte, bot sich mir zudem ein dramatischer Himmel mit einem goldenen Lichtstreif auf dem Feld. Das wollte ich einfangen. Die Windmühle schien für diese Lichtstimmung nicht wichtig zu sein, also habe ich sie weggelassen.
Es war so interessant für mich, das Video zu diesem Maltag anzuschauen und meinem Voiceover zu lauschen. (Ich habe mich daran gewöhnt, dass meine Stimme sich nun einmal so anhört.) In den Kursvideos fokussiere ich mich hauptsächlich auf technische Aspekte im Sinne von ‚wie gelingt dir XY‘. Aber gerade im Pleinair-Kapitel geht es auch ums Gefühl. Mit dem Herzen das Motiv auswählen, das ist wichtig. Nur, weil das Draußemalen so wunderschön ist und mich so tief mit der Landschaft und der Natur verbindet, mache ich es überhaupt, trotz aller Herausforderungen wie Anreise, Ausrüstung etc..
Während ich mir zuhörte, wie ich dieses und jenes über den Maltag bei der Windmühle sagte, fielen mir ganz viele Einzelheiten ein, die ich nicht erwähne. Wie mein Campingstuhl plötzlich kaputt ging; was ich anhatte; die Leute, die mit dem Hund auf dem Feldweg an mir vorbeigegangen sind; die kleine Ortschaft in der Ferne, die so verlockend im Tal lag. Die Kombination von Ruhe in der Landschaft und Straßenlärm auf der Umleitung hinter mir. Die Pferde auf der Koppel gegenüber. Und über all diesen Erinnerungen lag eine geballte Portion Unsicherheit: über den Malprozess, über mein Motiv, über alles. Dazu kamen dann noch Krabbeltiere in der Hose und unterm Shirt, Hitze und Wind. Ugh. Das erzähle ich nicht in aller Ausführlichkeit im Video, aber so war es. Und das alles steckt in diesem Motiv, für mich.
Pleinairmalen kann eine Herausforderung sein. Dieser Maltag an diesem wunderschönen Ort hat mir das wieder vor Augen geführt, und weil das eben immer wieder vorkommt, habe ich daraus das Teilkapitel ‚Die Herausforderungen des Aquarellierens en plein air‘ gemacht.
Mehr Erkenntnisse im Gruppendurchlauf des Kurses
Das Gruppengespräch mit den Teilnehmerinnen im Kurs hat mich dann auf eine weitere Herausforderung aufmerksam gemacht: Wie wähle ich eigentlich mein Motiv aus? „Tue es mit dem Herzen“, sage ich da so lapidar. Aber was heißt das jetzt ganz konkret? Was macht eigentlich ein gutes Motiv zum Draußenmalen aus?
Für das Malen vor Ort gibt es ein ganz einfaches Tool, mit dem Du Dir das Motiv gut anschauen kannst: einen Motivsucher. Er hilft Dir dabei, Neigungswinkel genauer zu erkennen und Dein Motiv in Deiner Vorstellung als Bild auf dem Papier anzuschauen. Für die Phase des Vorzeichens ist er eine gute Hilfe.
Meine Empfehlung wäre, die Anzahl der Bildgegenstände gering zu halten. Wenn Dich ein bestimmter Lichteffekt interessiert, den es nur an einer Stelle in der Landschaft gibt, dann male doch nur den und nicht die ganze Landschaft. Wenn es mehrere Ansammlungen von Bäumen in einem schönen Licht gibt, dann wähle die eine Baumgruppe mit den interessantesten Stämmen oder Kronenformen aus. Weniger ist da wirklich mehr. Wenn Du dann nach 20 Minuten mit einer Landschaftsskizze fertig bist, weil Du nicht wirklich ‚arbeiten‘ musstest, dann ist es doch gut! Wenn Du dann noch gern weitermalen möchtest, kannst Du Dich ja einfach um 90 Grad drehen und diese etwas andere Aussicht einfangen. Oder einen Ausschnitt davon. Um diese Art von Leichtigkeit beim Landschaftsmalen geht es mir im Kurs ‚Das kleine Landschaftsaquarell‘.
Tiefe Verbindung durch das Malen vor Ort
Auch, wenn Du beim Draußenmalen nicht aufschreibst, wie Du Dich dabei gefühlt hast, wird das alles in den Aquarellen stecken, die Du mitbringst. Viele Jahre später weißt Du dann noch, was Du an dem Tag getragen hast und wie Du Dich fühltest. Einzelheiten der Szenerie, die im Bild nicht erkennbar sind, werden Dir einfallen. Das ist ganz wunderbar, finde ich!
Im zweiten Video im Pleinair-Kapitel habe ich an einem meiner absoluten Lieblingsmalorte gemalt. Diesmal fühlte sich alles sehr gut an. Die Weide, die am rechten Bildrand steht, war früher noch viel größer. Vor einigen Jahren wurde sie dann im Herbst extrem zurückgeschnitten. Das gesamte Motiv wurde in meinen Augen dadurch ruiniert. Ich war richtig sauer! Aber Weiden wachsen sehr schnell. Letzten Sommer dann stellte ich fest, dass sie ausreichend gewachsen war und die Szenerie nun wieder malerisch schön war. Zusammen mit einigen interessanten Funden im Wassergraben dort und der Tatsache, dass ich mich an diesem Ort immer wohl fühle, wurde diesmal ein sehr schönes Malerlebnis daraus. Siehst Du das dem Aquarell an?
Empfindungen und Gefühle spielen beim Aquarellieren eine wichtige Rolle, finde ich. Technik ist natürlich auch wichtig. In kleinen Aquarellen, die Du ziemlich schnell vor Ort oder drinnen fertigstellen kannst, lernst Du viel und entwickelst Dein Aquarell-Sensorium schnell weiter – für Deine eigene Stimme beim Malen und für Deine Intuition in der Motivwahl.
Der Kurs ‚Das kleine Landschaftsaquarell‘ ist nun als Download-Kurs auf meiner Kursplattform verfügbar. (Link zur Kursseite) Ich unterstütze Dich darin in fünf großen Lektionen bei den (1) wichtigsten Techniken zum Erzeugen von Tiefe, (2) beim Malen von Himmeln und Wolken und von (3) Bäumen und Laub, (4) bei der Darstellung von Spiegelungen im ruhigen Wasser und bei den (5) Grundlagen des Pleinairaquarells.