Vor kurzem fragte mich eine Followerin auf Instagram (@antjegillandaquarell), warum ich auf Buchstaben male. Sie bezog sich damit auf ein Bild von mir aus meinem Nature Journal, für das ich ein Buch über gotische Architektur benutze, dessen Seiten ich mit Antjegesso* bestrichen habe. Meine Antwort war, dass ich lebendige Untergründe mag und deswegen mal auf solchen und mal eben auch auf weißem Aquarellpapier male. Die Frage hatte mir aber so noch nie jemand gestellt: Warum male ich eigentlich auf bedrucktem Papier?

Vor Jahren bin ich auf Pinterest das erste Mal auf book art gestoßen: Kunst, die mit Büchern gemacht wird. Auf Buchseiten zu malen, ist eine Ausprägung davon, und es war die, die ich am spannendsten fand. Solche Bilder habe ich fleißig gepinnt. Wie ich das mit Aquarellfarben bewerkstelligen kann, wusste ich nicht. Ich dachte, das geht nur mit Ölpastell und Gouache und habe es deswegen auch so probiert.

Katzenskizze mit Ölpastell und Buntstiften auf bedrucktem Papier.

So sehr mir Buchseiten als Untergrund gefallen, fand ich doch auch immer, dass die Schrift ein wenig zu stark durchscheint. Deswegen habe ich dann lange nichts in dieser Art gemacht. Der große Aha-Moment kam bei mir, als ich gehört habe, dass man Gesso als Aquarellgrundierung benutzen kann und kurz darauf in meinem Fundus eine Flasche halbtransparentes Gesso gefunden habe. Heureka! Da scheint die Schrift ein wenig durch und die Aquarellfarbe hält auch – naja, nicht so richtig. Sie perlt ein wenig ab. Aber das war ein Anfang.

Im 100-Tage-Projekt 2021 habe ich dann sehr viel auf meinen eigenen Handschrift gemalt.

Nebenher habe ich dann immer mehr mit Mixed Media gearbeitet und mich sozusagen „freigeschwommen“ von den vielen Vorschriften, die klassische Aquarellmaler:innen befolgen. Dazu gehört sicherlich das Malen auf reinweißen Untergründen. Und das mag ich auch sehr, versteh mich nicht falsch! Die Kombination zwischen Aquarellpapier und Aquarellfarben ist einfach unschlagbar. Und das reine Weiß in großer Fülle auf dem Blatt stehen zu lassen, so dass die Farben richtig leuchten, macht mich sehr glücklich.

Was ich aber auch schön finde, ist: wenn ich die Wahl habe, wie ich heute malen möchte. Mag ich einen etwas gebrochenen Untergrund, auf dem schon was geschrieben steht? Dann nehme ich (mittlerweile) mein Antjegesso nach eigener Rezeptur.* Und wenn ich weißes Papier mag, dann nehme ich das.

Ein gebrochener Untergrund, auf dem sich schon Linien, Kringel oder Schrift befinden, passt oft gut zu meinen Motiven. Mein Leben ist nicht immer gebügelt und rein, und deswegen möchte ich auch nicht immer so malen. Meine Bilder dürfen mehrdeutig und eben auch gebrochen sein. Deswegen benutze ich so gern die Bilder von meinem Sohn als Untergrund. Es ist 4 Jahre alt und malt schwungvolle Kringel. Oft gibt es sie mir jetzt schon von sich aus mit den Worten „da kannst du drauf malen, Mama“. Die Lebhaftigkeit, mit der ein kleines Kind zeichnet, ist für mich was ganz Besonderes, und ich fühle mich geehrt, wenn ich auf seinen Zeichnungen malen darf.

Dieses Winterbild ist auf einer Zeichnung meines Sohnes entstanden.

Auf bedruckten Papieren aus Büchern und Zeitschriften ergeben sich aus dem Zusammenspiel von Untergrund und Motiv zum Teil ganz neue zusätzliche Bedeutungen. Manchmal schreibe ich Gedanken und Gefühle, die mich beschäftigen, auf und nutze sie als Grundlage. Dieses Rosenbild hat dadurch seine Bedeutung erhalten. Die Gedanken auf dem Papier kreisten um die Idee, dass es alte Wesen gibt, die die Schöpfung bewahren. Rosen sind auch schon alt und sprechen mich in meinem tiefsten Wesenskern an, wecken das Beste in mir. So kam mir der Gedanke, Rosen seien auch Bewahrer der Schöpfung. Und so kam das Bild zu seinem Namen: Keepers of the Earth.

Freilich sagen Bilder auf gebrochenen Untergründen nicht allen Menschen zu. Aber das ist ok! Ich finde ja auch nicht alle Bilder von Anderen gut. Mir gefällt es eben häufig, auf solchen Untergründen zu malen, und wenn ich darauf keine Lust habe, mache ich es nicht.

Wie hältst Du es denn mit dem Malen auf bedrucktem Untergrund? Hast Du es schon einmal probiert?


*Antjegesso-Rezeptur:

  • Je 1 Teil Wasser, Holzleim und Babypuder
  • für halbdeckenden Effekt noch etwas Acrylweiß oder weiße Gouache